Liegt ein Seehafen an der Mündung eines großen schiffbaren Flusses, dann wird er zum Knotenpunkt nicht nur für überseeische Transporte, sondern auch für Verkehre im Binnenland. Der Hafen Emden ist dafür ein gutes Beispiel: ein Universalhafen für den Umschlag unterschiedlichster Güter und mit vielfältigen Logistikaufgaben. Das zeigt sich auch am Portfolio des Terminalbetreibers Anker Schiffahrts-Gesellschaft, einer Tochtergesellschaft der Leschaco Logistik-Gruppe, Bremen, mit Sitz im Emder Außenhafen: Autos für den Export, Forstprodukte, und Unterstützungsleistungen für die Offshore-Industrie – Flexibilität ist genau das, was man sich hier auf die Fahne schreibt. Die Anforderungen beim Umschlag unterschiedlicher Produkte sind sehr vielfältig. Derzeit werden schwerpunktmäßig Autos und Zellstoff transportiert. Letzterer wird im Hafen auf Binnenschiffe und auf die Schiene verladen und zu verschiedenen Papierfabriken in Europa gebracht. In diesem Jahr steigerte Anker Schiffahrt den Umschlag im Bereich Zellstoff und Papier im zweistelligen Bereich.
Emden als Drehscheibe für Binnen-, See- und Inselverkehre
Drehscheibe im Emsland
Der Grund: Emden ist Drehscheibe für eines der größten europäischen Fein- und Spezialpapierwerke in Dörpen. Seeschiffe kommen regelmäßig in Emden an. Sie bringen über 600.000 Tonnen Zellstoff jährlich aus Skandinavien und Brasilien, ein Großteil davon geht umweltfreundlich mit Binnenschiffen zum Kunden nach Dörpen. Zusätzlich liefert DB Cargo auf der Schiene 65.000 Tonnen Zellstoff aus Ostdeutschland. Die großen Zellstoffballen werden im Hafen auf Binnenschiffe verladen, dann geht es weiter, flussaufwärts nach Dörpen an der Ems. Die geleerten Wagen von DB Cargo werden mit neuer Zellstofffracht beladen. Sie beliefern im Einzelwagenverkehr zusätzlich Papierhersteller in ganz Europa mit weiteren 35.000 Tonnen. „Rohstoffknappheit ist hier bei uns glücklicherweise kein Thema“, kommentiert Jan Remmers, Geschäftsführer bei Anker Schiffahrt in Emden, die aktuelle Situation. „Wir beliefern das Werk in Dörpen kontinuierlich und zeitnah. Manchmal helfen wir sogar mit Extra-Lieferungen aus, damit es dort nicht zu Engpässen kommt. Wir arbeiten – wenn es erforderlich ist – in drei Schichten und können deshalb schnell reagieren.“
Zellstoff aus Skandinavien, Brasilien und Deutschland
Der gelieferte Zellstoff stammt überwiegend aus Skandinavien und Brasilien. Die Schiffe dafür sind sehr unterschiedlich groß. Bei einem Schiff aus Skandinavien dauert das Löschen der Ladung etwa 14 Stunden, bei den deutlich größeren Schiffen aus Brasilien kann es zweieinhalb Tage in Anspruch nehmen. Die Schiffe bringen von ihren Destinationen Zellstoffe unterschiedlicher Qualität und Faserlänge mit. Aus Brasilien kommen Holzfasern aus Eukalyptus, aus Skandinavien Fasern aus Birken- und Fichtenholz. Der in Ostdeutschland hergestellte und per Schiene transportierte Zellstoff wird aus Nadelhölzern gewonnen.
Gemeinsames Ziel: mehr Güter auf die Schiene
Seine exzellente geografische Lage und die unter anderem gute Anbindung ans Ruhrgebiet zeichnen den Emder Hafen aus. Durchschnittlich 30 Binnen- und 35 Seeschiffe fahren hier wöchentlich im Emder Hafen ein und aus. Von seinem Arbeitsplatz aus überblicken Jan Remmers und das Team Hafengelände und Fahrrinne. „Fast das Beste an meiner Arbeit ist die Aussicht“, lacht er. „Aber Spaß beiseite: Für mich ist es ein Privileg, am Hafen zu arbeiten. Im Team die täglichen Herausforderungen zu meistern, die Nähe zu den Umschlaggütern – das ist Logistik zum Anfassen.“
Seit über 25 Jahren schon arbeiten Jan Remmers und sein Team vertrauensvoll mit DB Cargo zusammen. Gemeinsames Ziel ist es, Rundum-sorglos-Pakete für die Kunden zu schnüren und immer mehr Güter auf die Schiene zu bringen – schon allein aus ökologischen Gründen. „Schiene und Binnenschiff sind nicht nur gemessen am CO2-Fußabdruck erste Wahl bei den Transportmitteln auf der langen Strecke“, erklärt Jan Remmers. „Ein Binnenschaff fasst 56 Lkw-Ladungen, ein Wagen der Bahn mehr als 2,5 Lkw-Ladungen. Bei der heutigen Fahrerknappheit sind das Riesenvorteile.“ 24 nutzbare Schienenkilometer hat der Emder Hafen und nach Auffassung von Jan Remmers und seinem Team hier deutliches Potenzial für noch mehr klimafreundliche Gütertransporte auf der Schiene. Wichtig für die Absicherung der Schienenanbindung des Außenhafens, des Automobilwerkes und der Inselverkehre – da sind sich die Hafenexperten einig – wäre eine zweite Eisenbahnbrücke über den Emder Delft. Im klugen Verbund mit Lkw und Binnenschiff könnte das tri- oder fast schon quatromodale Terminal an der Emsmündung seine vielen Stärken noch besser ausspielen.