Der Seehandel hat eine lange Geschichte: Bereits im Altertum suchten die Menschen für den Handel den Weg über das Meer. Und auch heute werden etwa 90 Prozent des Welthandels über die Meere abgewickelt. Doch es sind nicht immer nur die klassischen Container mit Konsumgütern, die verschifft werden – auch spezielle Waren wie Zellstoff oder Stahl nehmen täglich den Seeweg von und nach Deutschland. Hier ist ein Hafen gefragt, der etwas vom Umgang mit industriellen Massenstückgütern versteht – und genau so einer ist der Hafen Brake.
"Unsere Stärke sind die Nischen"
Der nicht weit von der Wesermündung entfernt gelegene Hafen Brake verfügt über ein weitläufiges Areal von 300 ha. Im vergangenen Jahr wurden hier fast 7 Millionen Tonnen Stück- und Massengüter umgeschlagen – und es werden immer mehr. Brake ist Deutschlands größter Importhafen für Zellstoff mit weiträumigen Lagerflächen. Außerdem sind Agrargüter eine Spezialität des Hafens: Im beschaulichen Brake steht Europas größte zusammenhängende Siloanlage, die digital gesteuert wird und täglich 20.000 Tonnen Getreide- und Futtermittel entladen kann. "Der Hafen Brake ist ein Nischenhafen mit hoher Spezialisierung", so Jörg Kaplan, der Bereichsleiter Vertrieb Stückgut des Hafendienstleisters J. Müller. "Neben Zellstoff und Agrarprodukten schlagen wir noch mehr Güter um: Holz, Eisen, Stahl und auch Windkraftanlagen stehen bei uns auf dem Programm."
Hafendienstleister mit Tradition
Betrieben wird das Hafenterminal von der Firma J. Müller, die auf eine lange Tradition zurückblickt: Seit über 200 Jahren und bereits in 6. Generation managt sie die dynamischen Logistikprozesse an der Unterweser mit mittlerweile rund 600 Mitarbeiter:innen an den Unternehmensstandorten Brake und Bremen. Mit dem Anschluss des Hafens an das Schienennetz legte das Unternehmen dann vor 150 Jahren den Grundstein für den schienenbasierten Hafenhinterlandverkehr und setzt seitdem in großem Umfang auf die Eisenbahn. Für den trimodalen Umschlag der verschiedensten Güter zwischen Schiff, Schiene und Straße steht diverses Spezial-Equipment zur Verfügung, wie etwa Kräne und spezielle Stapler zur Verladung von Zellstoffballen, Schüttgutverladeanlagen oder Großrohre für Offshore Pipelines.
Das Tor zur Welt
Neben Autobahn und Wasserstraße spielt die Schiene eine große Rolle im Hafenhinterlandverkehr. Verantwortlich für viele der Schienentransporte ist DB Cargo: Allein 90 Prozent der Stahltransporte von und nach Brake werden von DB Cargo per Güterzug geliefert, bei Zellstoff und Holz sind es jeweils 60 Prozent. Die Bahnverbindungen von und nach Brake sind hochfrequent, wie beispielsweise die täglichen Einzelwagentransporte und Ganzzüge mit Zellstoff belegen.
Brake ist Drehscheibe für zahlreiche Verkehrsverbindungen: nicht nur auf der Schiene innerhalb Europas, sondern auch auf dem Seeweg bis nach Süd- und Nordamerika. Unter anderem wird von dort der Zellstoff importiert, der später mit dem Zug zu Papierfabriken in Deutschland, aber auch weiter bis nach Österreich, Polen und Tschechien gebracht wird. Umgekehrt transportieren Seeschiffe Schnittholz aus Deutschland, Österreich oder Tschechien via Brake über den Atlantik in die USA. Ebenso nutzt die deutsche Eisen- und Stahlindustrie mit ihren Spezialprodukten den Hafen Brake für regelmäßige Exporte oder Projektabfertigungen in alle Welt.
Ein verlässlicher Partner ist das A und O
Doch DB Cargo ist nicht nur für den Hafenhinterlandverkehr ab Brake zuständig: Auch die sicheren Rangierbewegungen auf dem Hafengelände sowie die Bereitstellung der Wagen an den vereinbarten Übergabepunkten zählen zu ihren Aufgaben. Das bedeutet, dass DB Cargo alle Fernzüge, die im Fernbahnhof Brake (Unterweser) ankommen, in die verschiedenen Hafenbereiche zustellt. "Von der Effektivität dieser Prozesse hängt die dynamische Kapazität im Hafen ab", erklärt Jörg Kaplan. "Wenn die Zahnräder da nicht ineinandergreifen, brauchen die Züge länger zur Abfertigung und sind demnach auch später am Zielort. Der zeitliche Puffer ist hier sehr klein." Damit alles reibungslos läuft, gibt es jeden Morgen einen Austausch zwischen Hafenmitarbeiter:innen und DB Cargo. "Verlässlichkeit ist das A und O in dieser Branche", so Michael Dietz, Premium Account Manager Pulp bei DB Cargo, "deshalb legen wir viel Wert auf eine gute und partnerschaftliche Zusammenarbeit." Aus diesem Grund wurde 2021 das gemeinsame Projekt „Lean Process Brake“ initiiert. Ziele waren unter anderem die Beschleunigung von Wagenumlaufzeiten sowie die optimale Wagenversorgung und die Digitalisierung der Schnittstellen. Diese Punkte sind die Basis, um zukünftiges Wachstum in Brake realisieren zu können. Ein Etappenziel konnte hier bereits verbucht werden: Die Aufenthaltszeit der Waggons im Hafen wurde im vergangenen Jahr von 5 auf 3 Tage gesenkt.
Braker Erfolgsgeschichten
2022 war ein echtes Erfolgsjahr für den Hafen: In dem Jahr wurden in Brake rund 30 Prozent mehr Güter umgeschlagen als noch im Vorjahr, insgesamt mehr als 6,8 Mio. Tonnen. Im Zusammenhang damit wurde die Außenlagerfläche am Schwerlastterminal Niedersachsenkai um 70.000 m2 erweitert und knapp 100 neue Mitarbeiter:innen eingestellt. Um das gestiegene Umschlagvolumen zu stemmen und das Rangieren auf dem Gelände effizienter zu gestalten, hat DB Cargo 2022 ein neues Zweiwegefahrzeug angeschafft. Denn mehr Umschlag bedeutet auch mehr Transport: Die Anzahl der von DB Cargo von und nach Brake gefahrenen Wagen hat sich in den letzten zwei Jahren fast verdoppelt. Doch auch Effizienz ist wichtig. Durch die Vielzahl an Transporten, die DB Cargo nach Brake fährt, können effiziente Dreiecksverkehre umgesetzt und die Wagen optimal ausgelastet werden. So wird beispielsweise Schnittholz vom Sägewerk auf der Schiene nach Brake transportiert. Nachdem die Wagen geleert wurden, fahren sie weiter zu einer Verladestelle, nehmen dort Rundholz auf und bringen dieses zum Sägewerk. Dort werden die leeren Wagen wieder mit Schnittholz beladen – und der Rundlauf beginnt von Neuem. Auf diese Weise können Leerfahrten vermieden und Energie sowie Kosten eingespart werden.
Der Blick in eine grüne Zukunft
Eine der großen Herausforderungen unserer Zeit ist der Klimawandel. Auch für den Hafen Brake spielt das Thema eine wichtige Rolle: Das große Ziel ist es, den CO2-Footprint des Hafens zu verkleinern. Das geschieht unter anderem bereits durch die Kooperation mit DB Cargo und den Transport der Güter auf der Schiene. Auf diese Weise werden rund 80 Prozent weniger CO2-Emissionen verursacht als bei Straßentransporten. In Zukunft möchte der Hafenbetreiber weiterwachsen und das Mengenvolumen sowie die Kapazitäten ausbauen. Hier zeichnet sich auch künftig eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Hafen Brake und DB Cargo ab, denn auch der Logistikpartner muss mitwachsen: Größere Volumen bedürfen des Ausbaus der dynamischen Kapazitäten und der Infrastruktur. "Wir sind immer aktiv", schließt Jörg Kaplan das Interview. "Wir leben den Wandel. Mitgehen, Chancen suchen und platzieren. Nur so bleibst du am Markt und kannst in Zukunft bestehen."