Manchmal braucht Verkehrsverlagerung Geduld, doch sie zahlt sich aus: Jahrelang hatte sich der Tübinger Entsorgungsspezialist Möck darum bemüht, seinen 2014 stillgelegten Gleisanschluss zu reaktivieren. Lange stimmten die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen nicht, Transporte über die Schiene wären nur über weite Umwege möglich gewesen. Bis sich das familiengeführte Unternehmen im Herbst 2020 an DB Cargo wandte, und plötzlich alles sehr schnell ging.
Um die 300 Meter Gleis wieder in Betrieb zu nehmen, galt es einige rechtliche Hürden zu nehmen. So brauchte Möck einen Eisenbahnbetriebsleiter und neues Equipment. Bei beidem unterstützte DB Cargo. „Wir mussten uns eigentlich um nichts mehr kümmern, die Kooperation des Eisenbahnbetriebsleiters mit der Bahn lief automatisch. Auch half uns DB Cargo bei Lieferengpässen von passenden Hemmschuhen, die unter den Wagen gelegt werden, damit er nicht wegrollt. Unser Ansprechpartner besorgte uns einfach neue. Wir waren echt begeistert von so viel Professionalität, Hilfsbereitschaft und Empathie“, erklärt Senior-Chef Jürgen Möck. Ein großer Vorteil: Die Gleise hatte das Unternehmen über die Jahre gut in Schuss gehalten und auch eine Weichenrevision bereits durchgeführt. Das beschleunigte die Reaktivierung des Gleisanschlusses. Und so konnten am 15. Juni dieses Jahres erste EANOS-Wagen am Firmensitz eintreffen.
In DB Cargo haben Marie und Jürgen Möck einen langfristigen, verlässlichen Partner gefunden. Quelle: Thomas Klink
Nachhaltigeres Recycling dank Schienengütertransporten
„Wir dachten uns, es kann doch nicht sein, dass wir Schüttgut und Schrott nur über die Straße transportieren können, wo wir doch sogar Gleise haben. Doch es brauchte wohl Druck durch den Klimawandel und ein allgemeines Erwachen der Politik“, sagt Jürgen Möck. Er und seine Tochter Marie Möck, die das Familienunternehmen nun in vierter Generation gemeinsam mit ihren Brüdern führt, glauben fest an die Schiene und wollten nicht auf sie verzichten. Denn Nachhaltigkeit wird bei Möck groß geschrieben. „Ohne Schienengüterverkehr können wir niemals klimaneutral werden, und unsere Stadt Tübingen erst recht nicht. Wir wollen Recycling in der ganzen Stadt umweltfreundlicher machen. Die Wiederaufnahme des Schienengüterverkehrs sehen wir daher als große Chance und entscheidende Zukunftsweiche“, fügt Marie Möck hinzu.
In der Tat spielt der Entsorgungsspezialist eine große Rolle für das regionale Recycling. Viele Kunden aus der Automobil- und Stahlbranche setzen bei der Entsorgung ihrer Abfälle auf die Familie Möck. Umso größer war die Verantwortung, mit gutem Beispiel für die Region Tübingen voranzugehen. Die Verkehrsverlagerung war eine echte Prinzipienfrage. „Wir wollen nicht auf die Schiene, weil sie wirtschaftlicher ist, sondern weil sie das richtige Transportmittel ist“, so Jürgen Möck.
Einzelwagenverkehre ausbauen durch Gleisanschluss-Sharing
Bis zu sechs Wagen passen auf das Gleis von Möck. Von dort fahren zwei Wagen als Einzelwagen mit gepresstem Autoschrott nach Italien, zwei liefern Schrott von Stahlwerken in die Schweiz, zwei weitere Einzelwagen werden derzeit noch disponiert. Geplant ist jedoch, künftig auch Ersatzbrennstoffe und weitere Abfallfraktionen wie Holz auf der Schiene zu transportieren.
Perspektivisch möchte die Firma auf einen 50:50-Mix aus Schiene und Straße setzen. „Viele unserer Kunden besitzen keinen Zugang zur Schiene und bringen Ware per Lkw, daher können wir auf Straßentransporte erst mal nicht verzichten. Auch eignen sich nicht alle Wirtschaftsgüter für den Schienentransport“, sagt Marie Möck. Doch an Ideen, die Verkehrsverlagerung zugunsten der Schiene weiter voranzutreiben, mangelt es nicht. So kann sich Möck sehr gut vorstellen, ihr Bahngleis auch anderen Tübinger Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Wie so ein Gleisanschluss-Sharing-Konzept aussehen kann, ist noch offen, bietet aber Chancen für vielseitige und individuelle Logistikmodelle.
Bis zu sechs Wagen passen auf das Gleis von Möck. Quelle: Thomas Klink
Auch weniger gewinnbringende Strecken in Betrieb nehmen
In DB Cargo haben Marie und Jürgen Möck einen langfristigen, verlässlichen Partner gefunden. „Das Engagement von DB Cargo macht uns Mut, den Schienengüterverkehr weiter zu forcieren und auszubauen. Wir fühlen uns gut aufgehoben“, meint Jürgen Möck. Und auch Kai Maaß, Leiter Regionalvertrieb Deutschland von DB Cargo, begrüßt die Zusammenarbeit. „Durch die Umstellung unseres Regionalvertriebs können wir noch präsenter bei den Kunden vor Ort, in der Region, sein. Es ist uns ein großes Anliegen, regionalen Unternehmen wie Möck Zugang zur Schiene zu ermöglichen und sie bestmöglich zu unterstützen, wie in diesem Fall durch das Vertriebsteam Mannheim. Dazu gehört es auch, bestehende Infrastrukturen zu reaktivieren und auch die Strecken in Betrieb zu nehmen, die noch nicht zu den gewinnbringendsten zählen. Die Zusammenarbeit zwischen Vertrieb und Produktion ist für uns ein wesentlicher Erfolgsfaktor für zufriedene Kunden.“ Ohne zusätzliche politische Unterstützung jedoch gelingt die Verkehrsverlagerung nicht, da sind sich Marie und Jürgen Möck sicher.
Marie Möck und Kai Maaß von DB Cargo. Quelle: Thomas Klink