Seit mehreren Wochen ist das Thema in den Medien präsent: Die Pegelstände der europäischen Flüsse erschweren die Schifffahrt. Unter anderem im Mittelrheintal führt der Rhein so wenig Wasser, dass die Schiffe nicht mit der geplanten Beladung fahren können. So entstehen für viele Unternehmen Versorgungsengpässe, die vor allem bei eng getakteten Produktionsabläufen problematisch werden. Dies gilt auch für einen Chemiekonzern im Südwesten Deutschlands, der auf seine Rohstoffe aus Rotterdam wartet.
Ideale Verbindung von Wasser und Schiene
Im Normalfall fahren die beladenen Schiffe von Rotterdam aus über den Rhein bis zum Kunden. Zur Zeit fällt diese Verbindung aufgrund der Pegelstände aus, sodass DB Cargo BTT gemeinsam mit Lanfer Logistik eine Lösung erarbeitet hat, die bereits erfolgreich angelaufen ist und auch für weitere Industriekunden interessant sein dürfte.
In Kurzform sieht das Niedrigwasserkonzept folgendermaßen aus: In Hamm wird das Produkt vom Binnenschiff in Kesselwagen oder Tankcontainer umgepumpt und auf der Schiene weiter nach Süddeutschland transportiert. Den Weg nach Hamm findet das Schiff von Rotterdam aus über den dort noch schiffbaren Rhein bis Wesel. Weiter geht es über den Wesel-Datteln-Kanal und den Datteln-Hamm-Kanal bis zum Ziel. Die Kanäle sind ganzjährig befahrbar und ermöglichen es somit, Hamm jederzeit zu erreichen.
Der erste Transport mit einem Transportvolumen von ca. 1.000 Tonnen Mitte August war erfolgreich, sodass nun wöchentlich bis zu drei Lieferungen auf diesem Weg erfolgen können. Die Lieferkette ist damit gewährleistet und der Kunde kann die benötigten Gütermengen trotz Niedrigwasser wie gewohnt abrufen. Die Schienentransporte können dabei sowohl mit Kesselwagen als auch mit Tankcontainern durchgeführt werden.
Exkurs Kesselwagen und Tankcontainer
Kesselwagen:
- Schienengebunden
- Werden an Terminals oder Raffinerien und Chemiebetrieben entladen
- Möglichst direkte Entladung beim Empfänger
- Höheres Ladevolumen als Tankcontainer, bis ca. 95m³
Tankcontainer:
- Multimodale Nutzung möglich
- Flexibel einsetzbar
- Stapelbar und somit nach Entladung optimal in Terminals zu lagern
- Ideal für den kombinierten Verkehr
Die Schiene ist für den Transport von Gefahrgut besonders geeignet und ist, gemessen an der Unfallhäufigkeit, 42-mal sicherer als der Lkw. Für den Umschlag am Standort Hamm wurden die Mitarbeitenden gezielt durch den Gefahrgutbeauftragten der DB Cargo BTT geschult und sensibilisiert, sodass ein sicherer Transport gewährleistet ist.
Standort Hamm – wo alles zusammenläuft
Eine große Rolle bei der Umsetzung dieses kurzfristig geplanten Konzepts spielt der Knotenpunkt Hamm, der für den Umschlag flüssiger Güter die geeignete Infrastruktur bietet – und trimodal die Verkehrswege Wasser, Schiene und Straße verbindet. Der erfolgreiche Start des Niedrigwasserkonzeptes zeigt, dass in Krisen Kreativität gefragt ist. Der Blick über den Tellerrand hinaus verdeutlicht dabei, was alles möglich ist – wenn alle Akteure gemeinsam an Lösungen arbeiten. Ein gelungenes Pilotprojekt.